Ein paar US-Soldaten sind noch da
Was passiert in Corona-Zeiten auf dem Truppenübungsplatz Bergen?
Denn die Pandemie hat nicht nur die Großübung „Defender Europe 2020“ gestoppt…
VON MANFRED EICKHOLT
Donnerstag, 28. Mai 2020 Walsroder Zeitung
BAD FALLINGBOSTEL/ OERBKE. Mit der Großübung „Defender Europe 2020“ sollte in diesem Frühjahr und Sommer die größte militärische Verlegeübung dieser Art seit 25 Jahren in und durch Deutschland auch das Geschehen auf dem Truppenübungsplatz Bergen bestimmen. Bekanntlich hat das Coronavirus dieses Vorhaben gestoppt (WZ berichtete). Wo sind die US-Soldaten geblieben? Und was passiert eigentlich auf dem Trainingsgelände und in den riesigen Kasernenanlagen, die bis zu ihrem Abzug im Jahr 2015 vor allem britische Streitkräfte genutzt haben? „Rotierend“ zwischen 300 und 500 Amerikaner sind noch bis August im Camp Fallingbostel Ost untergebracht, rund 9000 Gerätschaften vom Panzer bis zum Stromaggregat nach wie vor dort gelagert. Olaf Lentzen, Leiter des BwDLZ (BundeswehrDienstleistungszentrum) Bergen, und seine gut 850 Mitarbeiter warten jetzt auf die Entscheidung, ob die gebuchte Übung im Rahmen von „Defender“ in abgespeckter Form auf dem „Platz“ noch stattfindet oder nicht. Vorbereitet war das BwDLZ ursprünglich auf die Unterbringung von rund 6000 übenden Soldaten, darunter etwa 5000 aus den USA.
Die Ausbildung von Bundeswehrsoldaten wird fortgesetzt. Das gilt zumindest für „einsatzrelevantes“ Training, wichtig für Soldaten, die vor Auslandsaufenthalten zum Beispiel in Afghanistan stehen, und für „laufbahnrelevante“ Schulungen, beispielsweise für künftige Offiziere. Damit der Schutz vor Infektionen funktioniert, gilt auch beim Militär eine „Auflockerung“. In diesem Fall bedeutet das: Marschformationen werden vermieden, Abstands- und Hygieneregeln ausgerufen, und es besteht Maskenpflicht.
Etwa 100 Bundeswehrsoldaten sind zur Laufbahn-Ausbildung derzeit im Truppenlager Ostenholz untergebracht, berichtet Lentzen. Um die 300 Soldaten leben vorübergehend im Truppenlager Hörsten. Sie qualifizieren sich auf dem Truppenübungsplatz für ihren Einsatz ab Herbst in Litauen.
Die Belegung der Stuben wurde generell von vier auf zwei Personen reduziert. Im Speisesaal ist die Hälfte der Möbel verschwunden, damit der Abstand ausreicht. Gegessen wird zu unterschiedlichen Zeiten. Mannschaftssportarten und Nahkampfausbildung sind derzeit tabu. „Es sind alle Lehrgänge abgesagt, in denen viele Menschen zusammenkommen“, fasst Lentzen zusammen. Da gebe es viel nachzuholen. Was zum Neueinstellungstermin der Bundeswehr am 1. Juli passiert, ist noch unklar.
Dass der Betrieb auf dem Truppenübungsplatz weiterläuft, ist auch wirtschaftlich von Bedeutung. Das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum zählt zu den größten Arbeitgebern der Region. 70 Prozent der Mitarbeiter leben in den Platzrandgemeinden.
Schichtbetrieb sorgt für reduzierten Kontakt und damit für reduzierte Ansteckungsgefahr. Schießbahnen entkusseln, Blindgänger entfernen, Heizungsund Trinkwasseranlagen betreuen, verwalten, reparieren und organisieren: Die Liste der Aufgaben ist lang. Von Kurzarbeit bleibt die Belegschaft verschont. Allerdings fließen keine Extrazahlungen, beispielsweise Gefahren- und Schmutzzulagen. Auf manchem Konto herrscht deshalb Ebbe.
Damit der Truppenübungsplatz betrieben werden kann, müssen Einnahmen fließen. Zu den Amerikanern will sich im kommenden Monat auch eine niederländische Brigade mit zunächst etwa 500 Soldaten gesellen. Ob ihre Schießübungen tatsächlich stattfinden, ist noch nicht sicher. Genutzt wird der Naafi-Shop, der ehemalige Supermarkt der Briten: Dort bewahren der Heidekreis und das Land Niedersachsen in einem gut geschützten Lager Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel auf, ergänzt Lentzen. Auch Versuche mit dem Schützenpanzer „Puma“ werden auf dem „Platz“ durchgeführt.
Gebremst hat die Pandemie die technische Aufrüstung der Schießbahn 3 bei Bergen. Schon vor Jahren hatte die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Bedeutung des Truppenübungsplatzes Bergen hervorgehoben und größere Investitionen angekündigt.
Olaf Lentzen und sein Team sind Kummer gewohnt. Wer beruflich mit Militär zu tun hat und von politischen Entscheidungen abhängig ist, der muss flexibel sein: „Rauf und runter, das kennen wir schon.“ Viele haben ein Auge geworfen auf die gewaltige Liegenschaft. Das Land betreibt in einem Teil des Camp Fallingbostel West ein Ankunftszentrum für Flüchtlinge, der aktuelle Vertrag läuft Ende 2022 aus. Will Hannover eine Verlängerung? Die feste Stationierung von Militäreinheiten in anderen ehemaligen Kasernenanlagen der Briten wird diskutiert, eine offizielle Entscheidung gibt es noch nicht. „Irgendwann kommt mit Macht alles auf einmal“, fürchtet Lentzen. Was auch immer …
Standby: Im Camp Fallingbostel Ost lagern nach wie vor Gerätschaften des US-Militärs, die für die Großübung „Defender Europe 2020“ aus Depots herangeschafft worden waren.
Das Grossmanöver Defender2020 soll ja z.Z. als „Defender Europe 2020plus“ in kleinerem Format fortgesetzt werden und dazu vor allem der TrÜbPlatz Bergen genutzt werden.
Zwischen 29.5.20 und 31.5.20 haben einige FreundInnen nachgeschaut:
- an der Rampe Bergen war nichts zu sehen, nur einige leere Transportwaggons auf den Gleisen.
- Kasernen Hörsten und Belsen: unbekannt
- Kaserne Ostenholz nicht einsehbar
- auf den Schießbahnen, die einsehbar sind, war nix los.
- Kaserne Oerbke-Ost (auch Fallingbostel-Ost genannt):
reichlich Militärfahrzeuge unterschiedlicher Art, vermutlich US-Fahrzeuge.
Darunter auch große Transportfahrzeuge mit denen Panzer und anderes schweres Gerät transportiert werden kann. Nicht zu erkennen, ob es noch die gleichen Militärfahrzeuge sind, die dort seit Beginn von Defender2020 (also seit z.T. Ende Januar2020) stehen.
Im Anhang Fotos von Oerbke-Ost vom 29.5.20 und großer Artikel der Walsroder Zeitung (WZ) vom 28.5.20 zur Manöver-Weiterführung als Defender2020plus. munter bleiben charly Braun